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28. März 2024

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Der Klimawandel und der Wasserkreislauf

Der Klimawandel und der Wasserkreislauf© pexels/florian haider

Der klimatische Wandel greift massiv in den Wasserkreislauf des Planeten Erde ein. Neue Analysen zeigen nun weitaus empfindlichere Reaktionen beim Thema Abflussverhalten als bisher angenommen.

(red/mich) Der Klimawandel verändert die globale Luftzirkulation und damit verändern sich in großen Teilen der Erde auch Niederschlag und Verdunstung. Das beeinflusst dann auch die Wassermenge in den Flüssen. Prognosen über derartige Auswirkungen des Klimawandels wurden bisher meist auf Basis physikalischer Modelle berechnet, etwa auch beim Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC).

Die TU Wien hat nun unter der Leitung von Günter Blöschl (Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie) neue Datenanalysen durchgeführt und die zeigen, dass bisherige Modelle systematisch unterschätzen, wie sensibel die Wasser-Verfügbarkeit auf bestimmte Klima-Parameter reagiert. Eine Analyse von Messdaten aus weltweit über 9.500 hydrologischen Einzugsgebieten zeigt, dass der Klimawandel in noch stärkerem Ausmaß als bisher erwartet zu lokalen Wasser-Krisen führen kann. Die Ergebnisse wurden nun im Fachjournal „Nature Water“ publiziert.

Die Ansätze bei Modell und Messdaten
„In der Klimatologie-Community versteht man heute sehr gut, welche Auswirkungen der Klimawandel auf die Atmosphäre hat. Welche Konsequenzen das aber lokal auf Flüsse und die Verfügbarkeit von Wasser haben kann, fällt allerdings in das Gebiet der Hydrologie“, erklärt Günter Blöschl vom Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie der TU Wien. Lokal lässt sich oft sehr gut erklären, wie die Wasserverfügbarkeit von äußeren Parametern wie Niederschlagsmenge oder Temperatur zusammenhängt.

Dieses Thema wird an vielen Messstellen weltweit untersucht, besonders ausführlich in Blöschls Hydrologielabor in Petzenkirchen. Hier sind auf 60 Hektar Fläche zahlreiche Sensoren installiert. Globale Schlüsse lassen sich aus solchen Einzelbeobachtungen jedoch nicht ziehen: „Wie der Wasserhaushalt von äußeren Parametern abhängt, ist von Ort zu Ort unterschiedlich, auch die lokale Vegetation spielt hier eine sehr wichtige Rolle“, so Blöschl. Ein simples physikalisches Modell zu entwickeln, mit dem man an allen Orten der Welt diese Zusammenhänge berechnen kann, sei daher „kaum möglich“.
Reale Messungen statt physikalischen Modellen

Blöschl arbeitete nun mit Kollegen aus China, Australien, den USA und Saudi Arabien zusammen, um eine möglichst große Datenbank über hydrologische Einzugsgebiete aus der ganzen Welt aufzubauen und zu analysieren. Über 9.500 solche Gebiete wurden einbezogen, mit Zeitreihen, die mehrere Jahrzehnte in die Vergangenheit reichen. Die Forscher stützen sich in ihren Analysen also nicht auf physikalische Modelle, sondern auf reale Messungen.

„Wir sehen uns an, wie stark sich die Menge des verfügbaren Wassers in der Vergangenheit geändert hat, wenn sich äußere Bedingungen änderten. Wir können dadurch herausfinden, wie sensitiv Änderungen von Klima-Parametern mit einer Änderung der lokalen Wasser-Verfügbarkeit zusammenhängen. Und das erlaubt uns dann auch Vorhersagen für die Zukunft, in der sich das globale Klima erwärmt haben wird“, erläutert TU Forscher Blöschl.

Wassersystem reagiert auf Klimawandel sensibler als gedacht
Die Analysen belgen nun, dass der Zusammenhang von Niederschlag und Wassermenge in den Flüssen ist viel sensitiver als man bisher dachte und das betrifft dann auch die bisherigen Modellberechnungen zu den Vorhersagen beim Thema Klimawandel. Prognosemodelle über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserversorgung sollten daher grundlegend überarbeitet werden. „Mit den jetzt verfügbaren Messreihen sollte es nun möglich werden, auch die dahinterliegenden physikalischen Vorhersagemodelle entsprechend anzupassen“, so Blöschl.

Die Ergebnisse des TU Wien Forschungsteams rund um Günter Blöschl vom Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie würden jedenfalls zeigen, dass die Gefahr des Klimawandels auf die Wasserversorgung in vielen Teilen der Erde bisher unterschätzt wurde. Besonders für Afrika, Australien und Nordamerika sagen die neuen Daten bis 2050 ein deutlich höheres Risiko für Wasser-Versorgungskrisen voraus als bisher angenommen.

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red/mich, Economy Ausgabe Webartikel, 17.02.2023