Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

18. April 2024

Search form

Search form

„Ich wollte unbedingt wieder arbeiten“

„Ich wollte unbedingt wieder arbeiten“© NLK Pfeiffer

Niederösterreich startet mit EU-Unterstützung neues Projekt für Langzeitarbeitslose. Parallel wird erfolgreiche Lehrlingsoffensive gegen Fachkräftemangel fortgesetzt. AMS bescheinigt dem Land für 2021 niedrigste Jugendarbeitslosigkeit seit Beginn der Aufzeichnungen.

(red/czaak) Aktuelle Erhebungen zeigen, dass das Land Niederösterreich besser durch die Krisenjahre gekommen ist als andere Regionen. Die Arbeitslosenzahlen liegen aktuell rund neun Prozent unter dem Wert des Vorkrisenniveaus. Letzten Dezember hatte Österreichs größtes Bundesland sogar die beste Arbeitslosenquote der letzten zwanzig Jahre. Um nun auch für möglichst viele der derzeit 10.570 gemeldeten Langzeitarbeitslosen eine Arbeit zu finden, initiiert Niederösterreich das neue Projekt „Job.ReAct“ und sichert sich dafür drei Millionen Euro aus dem europäischen Förderprogramm „REACT-EU“.

Parallele Unterstützung von Betrieben bei Suche von Personal
„Niederösterreich hat dieses Projekt entwickelt, um Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit zu helfen. Job.ReAct richtet sich primär an Menschen, die durch die Pandemie langzeitarbeitslos geworden sind oder das bereits vorher waren und während der vergangenen zwei Jahre keinen Arbeitsplatz finden konnten“, erläutert Johanna Mikl-Leitner, Landeshauptfrau von Niederösterreich. Heuer stehen nun 110 Arbeitsplätze zur Verfügung, die überwiegend in Bereichen des nachhaltigen, ökologischen Wirtschaftens angesiedelt sind.

Mit dieser Förderung finanziert die EU nun erstmals ein Arbeitsmarktprojekt in Niederösterreich zu 100 Prozent. „Der ESF fördert hier die Lohn- und Lohnnebenkosten, der Betrieb muss bei Vollzeitanstellung lediglich eine Pauschale von 400 Euro bei einer Vollzeitanstellung aufwenden. Durch das Projekt binden wir arbeitslose Menschen wieder in den Arbeitsprozess ein und parallel unterstützen wir Betriebe bei der Suche von Personal“, erklärt Martin Eichtinger, Landesrat für den Arbeitsmarkt in Niederösterreich. Rund 100 Personen befinden sich gerade in Erstgesprächen.

Sozialpädagogische Unterstützung und Vermittlungshilfe
Ulrich Bernhard Küntzel aus dem Waldviertel verlor seinen Arbeitsplatz im Jahre 2018 auf Grund eines Personalabbaus seiner Firma. Am 10. Jänner des heurigen Jahres hatte er nun seinen ersten Arbeitstag bei dem Unternehmen eKUT, das sich auf Energieberatung spezialisiert hat. „Für mich war Job.ReAct die Chance, nach langer Zeit wieder in einem sinnerfüllenden Job fußzufassen“, erzählt Küntzel. Die Corona-Krise erschwerte die Situation beträchtlich und so rutschte der studierte Biologe und Energieberater in die Langzeitarbeitslosigkeit. „Ich habe mich in meiner Gemeinde ehrenamtlich engagiert. Das hat mir Kraft gegeben, aber ich wollte unbedingt wieder arbeiten“, schildert der Waldviertler.

Bei „Job.ReAct“ kann er nun in Waidhofen an der Thaya seine Expertise im Energiebereich einbringen. „Ich freue mich, dass mir dieses Jobprojekt ermöglicht, in der Branche zu arbeiten, die mich so viele Jahre meines Lebens begleitet hat“, so Küntzel. „Die Beratung und Unterstützung von MAG (Anm. „Menschen und Arbeit GmbH“) hat mir dabei sehr geholfen, wieder Hoffnung zu schöpfen und eine neue Herausforderung anzupacken“, unterstreicht der studierte Biologe. „Neben der intensiven Arbeitsplatzvermittlung erhalten alle Personen auch sozialpädagogische Unterstützung“, ergänzt Martin Etlinger, Geschäftsführer des MAG. Die Vermittlung an die MAG erfolgt durch das Arbeitsmarktservice Niederösterreich (AMS NÖ).

6.200 Jugendliche profitierten von Niederösterreichischer Lehrlingsoffensive
Ein weiterer Schwerpunkt der Strategie des Landes Niederösterreich betrifft das Thema Lehrlinge. Vor mehr als drei Jahren startete eine umfassende Lehrlingsoffensive gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice Niederösterreich, um Jugendlichen eine zukunftsorientierte Ausbildung zu bieten und dabei auch dem steigenden Fachkräftemangel proaktiv entgegenzuwirken. Das Land stellt dafür nun auch heuer wieder 54 Millionen Euro zur Verfügung.

„Allein im Vorjahr profitierten rund 6.200 Jugendliche. Seit Beginn wurden bereits 20.000 junge Menschen unterstützt. Es ist uns gelungen ein zielgerichtetes Instrument zu etablieren, um diese jungen Menschen auf ihrem Weg in die Arbeitswelt zu unterstützen“, erläutert NÖ-Landeschefin Johanna Mikl-Leitner. „Im Dezember 2021 waren um minus 15 Prozent weniger Arbeitslose unter 25 Jahren als im Vorkrisenjahr Dezember 2019 zu verzeichnen, gegenüber 2020 waren es sogar minus 26,2 Prozent“, betont auch Landesrat Martin Eichtinger die positive gesellschaftspolitische Auswirkung.

Niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in NÖ seit Beginn der Aufzeichnungen
Mit den Schwerpunkten Jugendbildungszentren, Überbetriebliche Lehrausbildung und Just2Job umfasst die NÖ Lehrlingsoffensive drei konkrete Maßnahmenbereiche. Der Einstieg in zukunftsorientierte Ausbildungsprogramme wird allen im Land lebenden Job- und Lehrstellensuchenden bis 25 Jahre ermöglicht. „Die NÖ-Jugendarbeitslosenquote von 5,6 Prozent im Jahr 2021 ist der niedrigste Wert, seit es Aufzeichnungen dazu gibt. Die Lehrlingsoffensive ist auch ein wichtiges Angebot für die heimische Wirtschaft. Wir sorgen heute für die dringend gebrauchten Fachkräfte von morgen“, unterstreicht Sven Hergovich, Geschäftsführer vom Arbeitsmarktservice NÖ.

Für Jugendliche, die trotz Bemühungen keine betriebliche Lehrstelle finden konnten, gibt es auch die Überbetriebliche Lehrausbildung (Anm. bereits seit 2009). Diese Unterstützung nutzten letztes Jahr rund 2.000 Personen. Die verkürzte Lehrausbildung wiederum erfolgt für einen konkreten Arbeitsplatz direkt im Betrieb. Berufliche Vorerfahrung müssen die jungen TeilnehmerInnen hier nicht mehr unbedingt mitbringen. Ziel ist der Abschluss in halber Lehrzeit und die Beschäftigung als Fachkraft. In Summe stehen bis Ende 2024 österreichweit 1.000 Stiftungsplätze zur Verfügung, davon 131 für NÖ, wo die Eintritte bis Ende 2022 möglich sind.

Links

red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 31.01.2022