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29. März 2024

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Virtuelle Gamification als neue Therapieform bei Schlaganfällen

Virtuelle Gamification als neue Therapieform bei Schlaganfällen© ReHago_Pico

Deutsches Start-Up ReHub und Pico Interactice entwickeln Virtual Reality Behandlung für gelähmte Patienten und Opfer von Schlaganfällen. Neue Rehago-App und VR-Set transportieren analoge Spiegeltherapie in virtuelle Umgebung.

(red/czaak) Etwa alle zwei Minuten erleidet ein Mensch in Deutschland einen Schlaganfall, jährlich sind das rund 260.000 Betroffene. Am Weg zurück in einen lebenswerten Alltag haben Patienten große Herausforderungen vor sich. Das aus einem Studienprojekt der Uniklinik Tübingen hervorgegangene Spin-Off und nunmehrige Start-Up ReHub hat nun eine digitale Unterstützung für die Therapie entwickelt, wo mittels Virtual Reality (VR) und einer eigenen App (Rehago-App) das bewährte Prinzip der Spiegeltherapie in eine virtuelle Umgebung transportiert wird.

Dabei wird ein Spiegel zur Körpermitte des Patienten positioniert, sodass Bewegungen der gesunden Körperhälfte als solche der gelähmten Körperhälfte wahrgenommen werden. Die Übungen werden mittels spezieller VR-Headsets des Unternehmens Pico Interactive in einer Art spielerischen VR-Umgebung (Gamification) bewältigt und das kann von den Patienten dann auch zu Hause umgesetzt werden. Therapiesitzungen können so ohne aufwändige Zusatzgeräte orts- und zeitunabhängig unterstützt werden und die klassischen Therapiezeiten konzentrieren sich auf weiterführende Behandlungsaspekte.

Virtuelle Reha inspiriert von der Gamer-Szene
Wie bringt man nun das Gehirn dazu, nach einem Schlaganfall einen gelähmten Arm wieder zu bewegen? Rehago hat dafür eine Idee aus der Gamer-Szene ins Gesundheitssystem gebracht: Fortschritt bei der Heilung statt Damage over Time (Anm. in PC-Games ein Schaden durch Zauber oder Attacken). Die Therapie der halbseitigen Lähmung nach einem Schlaganfall gründet auf der medizinischen Annahme, dass das Gehirn Ausweichverbindungen schafft, um die zerstörten Areale zu umgehen. Analog ist dies seit Jahren in der Spiegeltherapie bewiesen.

„Um ergotherapeutische Spiele erfolgreich in digitale Welten übertragen zu können, mussten wir einen Weg finden, dass der Unterschied zwischen digitaler Welt und Alltagswelt unkenntlich wird – eigentlich eine der Hauptgefahren, vor denen Gamer immer gewarnt werden“, erklärt Philipp Zajac, CEO von Rehago. „VR ermöglicht es, in der künstlichen Welt spielerisch zu lernen und verlorene Muskelpartien wieder anzusteuern. Und je attraktiver und realistischer die Spiele sind, desto größer der Trainingserfolg und desto schneller der Wiedereinstieg von gelähmten Menschen in ein selbstbestimmtes Leben“ betont Zajac.

Die App auf Rezept
Der Deutsche Bundestag hat mit dem „Digitale-Versorgung-Gesetz“ (DVG) die Voraussetzungen geschaffen, dass Gesundheits-Apps auf Rezept zu erhalten sind. Um die offizielle Zulassung als Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) zu erhalten und in das zentrale Register aufgenommen zu werden, durchläuft Rehago aktuell die umfangreichen Prüfungsprozesse beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Aktuell gibt es zwölf Anwendungen, die eine Zertifizierung durch das BfArM erhalten haben.

Rehago ist ein Software-basiertes Medizinprodukt, das halbseitig gelähmten Patienten einen schnelleren Wiedereinstieg in ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen soll und auf dem bewährten Prinzip der Spiegeltherapie basiert. Anstatt vor einem physischen Spiegel trainieren die Patienten hier in einer virtuellen Umgebung. Pico Interactive wiederum konzentriert sich auf innovative VR- und Augmented-Reality (AR)-Lösungen, das iternationale Unternehmen unterhält Niederlassungen in Europa, USA, Asien und China. „Wir freuen uns natürlich, dass unsere VR-Headsets einen wichtigen Teil zu diesem revolutionären Reha-Konzept beitragen können“, so Oliver Wöhler Director Pico Interactive Northern Europe.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 12.04.2021