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19. März 2024

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Corona beschleunigt digitalen Wandel in Wirtschaft und Verwaltung

Corona beschleunigt digitalen Wandel in Wirtschaft und Verwaltung© Pexels.com/fauxels

Aufrechterhaltung des Wirtschaftskreislaufs und betrieblicher Neustart im Krisenmodus. Coronapandemie belegt große Relevanz digitaler Technologien. Unternehmen investieren in Cloud und Automatisierung, so Studie von EY.

(red/czaak) Für acht von zehn mittelständischen Unternehmen in Österreich spielen digitale Technologien für ihr Geschäftsmodell bereits eine sehr große Rolle. Mehr als drei von fünf heimischen Betrieben betrachten die zunehmende Digitalisierung als Chance für das eigene Geschäft. Fast jeder zweite Mittelständler in Österreich will in den kommenden beiden Jahren Cloud Computing einsetzen. Problematisch ist der Fachkräftemangel und teilweise die digitale Infrastruktur, Stichwort Netzausbau und Gefälle Stadt:Land.

Wien und Vorarlberg als Digitalisierungs-Hotspots
Große Unternehmen sehen in der Digitalisierung deutlich mehr Chancen als kleine Betriebe. Gute Noten im Kontext für Standort Österreich mit Wien und Vorarlberg als Digitalisierungs-Zentren. Verfügbarkeit von Fachpersonal als größte Herausforderung. Das sind zusammengefasst die relevanten Ergebnisse einer Studie von EY (Ernst & Young) Österreich, für die 800 heimische Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeitern befragt wurden.

Die Corona-Pandemie hat in vielen österreichischen Unternehmen für einen Digitalisierungsschub gesorgt. Schon zuvor war der digitale Wandel in heimischen Unternehmen stark auf dem Vormarsch, doch mit Homeoffice, virtueller Zusammenarbeit und dem digitalen Vertrieb gab es neue Herausforderungen, auf die Unternehmen schnell reagieren mussten.

Nur mehr drei Prozent klammern Digitalisierung aus
Bei 77 Prozent der mittelständischen Betriebe spielen digitale Technologien mittlerweile eine „sehr große“ oder „mittelgroße“ Rolle. Nur mehr drei Prozent klammern die Digitalisierung aus ihrem Geschäftsmodell aus (2018 noch 20 Prozent). Besonders wichtig sind digitale Technologien bei (Finanz-) Dienstleistern (44 Prozent), in der Industrie (30) und bei Energie- und Wasserversorgern (29 Prozent).

„Die österreichische Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren eine gute Position auf dem Weg des digitalen Wandels erarbeitet und in den letzten Monaten einen erheblichen Sprung gemacht. Der aktuelle Digitalisierungsschub muss genutzt werden, um die Vorteile digitaler Technologien noch konsequenter in den Mittelpunkt der Strategie zu stellen“, so Gunther Reimoser, Country Managing Partner bei EY Österreich.

Digitale Zweiklassengesellschaft in Österreich
Österreichs Wirtschaft steht jedoch auch vor einem digitalen Scheideweg. Die Lücke zwischen Groß- und Klein-Unternehmen ist noch immer groß: Während jedes zweite Unternehmen mit Jahresumsätzen von mehr als 100 Millionen Euro digitalen Technologien eine sehr große Rolle für das eigene Geschäftsmodell zuschreibt, ist es bei kleineren Unternehmen (Jahresumsatz unter 30 Mio. Euro) nur jedes vierte. 2020 spielten digitale Technologien bei 23 Prozent der kleineren Unternehmen und bei 46 Prozent der großen Unternehmen eine sehr große Rolle.

Mit 23 Prozentpunkten war die Kluft hier also noch geringer und das zeigt auch ein Optimismus-Gefälle abhängig von der Betriebsgröße. Während fast jedes zweite Großunternehmen digitale Technologien als Chance sieht, sind kleinere Unternehmen deutlich skeptischer (15 Prozent). „Kleinere Unternehmen müssen den digitalen Sprung wagen, bevor die großen Konkurrenten zu weit davonziehen. Die Gelegenheit ist aktuell besser denn je, weil die digitale Transformation alternativlos ist“, betont Axel Preiss, Leiter der Unternehmensberatung bei EY Österreich.

Cloud Computing, Automatisierung und intelligentes Datenmanagement
Gefragt nach der Zukunft, will fast jeder zweite heimische Mittelständler in den kommenden zwei Jahren Cloud Computing einsetzen, 43 Prozent wollen Automatisierung einführen und 42 Prozent Dienste im Bereich Datenmanagement. Jeder fünfte Mittelständler plant den Einsatz von Künstlicher Intelligenz bzw. von Chatbots. Umgekehrt wollen knapp 30 Prozent der befragten Unternehmen in den kommenden zwei Jahren keine zusätzlichen digitalen Technologien im eigenen Betrieb umsetzen.

Beim Thema Geld bzw. Investitionen in Digitalisierung sehen fast drei von vier heimischen Betrieben keine Hemmnisse (75 Prozent). Vor einem Jahr gaben dies 64 Prozent der Befragten an. Jedes siebte befragte Unternehmen (14) nennt begrenzte finanzielle Möglichkeiten als Investitionshemmnis und jedes neunte fehlendes Personal (11 Prozent). Mangelndes Know-how wird nur von acht Prozent der Betriebe als Investitionshemmnis genannt. „Neue Geschäftsmodelle brauchen Geld und neue Kompetenzen. Verständlicherweise fehlen den Unternehmen gerade in Zeiten der Pandemie teilweise die finanziellen Möglichkeiten oder geeignetes Personal“, so Reimoser.

Gute Noten für Standort Österreich versus Mangel an qualifiziertem Personal
Mit den heimischen Rahmenbedingungen für digitale Transformation sind die Unternehmen zufrieden. Mehr als sieben von zehn Mittelständlern (72 Prozent) bewerten Standortbedingungen positiv. Jeder vierte hält sie für mittelmäßig – in Summe ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, wo noch 62 Prozent und damit zehn Prozentpunkte weniger dem Wirtschaftsstandort gute Noten hinsichtlich Digitalisierung ausgestellt haben. Vor allem die Leistungsfähigkeit der digitalen Infrastruktur (Anm. hohe Bandbreiten und Handyempfang) wird von mehr als zwei Dritteln (78 Prozent) positiv bewertet.

Besonders hoch ist die Leistungsfähigkeit laut den befragten Betrieben in Wien (90 Prozent), Tirol (85) und Vorarlberg (83) – klares Schlusslicht ist das Burgenland (64 Prozent). „Die digitale Infrastruktur in Österreich hat den Corona-Stresstest sehr gut bewältigt. Allerdings braucht die zunehmende Vernetzung von Menschen und Maschinen eine laufende Weiterentwicklung des Netzes, Stichwort Glasfaserausbau und 5G. Die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs hängt maßgeblich davon ab, den Ausbau konsequent weiterzuverfolgen und umzusetzen“, unterstreicht Reimoser.

Verfügbarkeit von Fachkräften als Baustelle
Ein relevante Baustelle ist und bleibt in Österreich allerdings die Verfügbarkeit von Fachkräften mit digitalen Kompetenzen. Nur 31 Prozent der Unternehmen finden aktuell ausreichend qualifizierte Mitarbeiter. Bis auf Wien und Tirol haben alle anderen Bundesländer mit dem Mangel an qualifiziertem Personal für Digitalisierungspläne zu kämpfen. Besonders betroffen auch hier das Burgenland (40 Prozent), dann folgt Oberösterreich (39) und Vorarlberg (38 Prozent).

Im Bundesländerranking bewerten die Relevanz von Digitalisierung für das eigene Geschäftsmodell als sehr wichtig oder wichtig: 83 Prozent der Wiener Unternehmen (37 Prozent sehr wichtig, 46 wichtig), 82 Prozent der Vorarlberger Betriebe (40 sehr wichtig, 42 wichtig), 77 Prozent der Oberösterreicher (25 : 52), 75 Prozent der Burgenländer (25 : 50) und 74 Prozent der Salzburger (31 Prozent sehr wichtig, 43 Prozent wichtig).

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 15.03.2021