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19. März 2024

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Die Digitalisierung bestimmt Transformation und Innovation.

Die Digitalisierung bestimmt Transformation und Innovation.© Bilderbox.om

Die wirklich komplette durchgehend digitalisierte Wertschöpfungskette ist noch selten. Neue Lösungen für Produktion, Logistik und Verkauf treiben die Entwicklung aber kräftig voran.

Gerade noch hat der Service-Techniker gehofft, mit einem nicht gerade handbuchkonformen Trick die Maschine zum Laufen zu bringen, jetzt herrscht auf einmal Stilstand total. Und Rätselraten, wie man aus der völligen verfahrenen Situation wieder halbwegs heil herauskommen könnte. Zurück in die Zentrale und Unterlagen holen, die vielleicht weiterhelfen, vielleicht auch nicht? Den Chef anrufen und den reichlich unorthodoxen letzten Reparaturversuch zugeben? Den Kunden auf den kommenden Tag vertrösten und einen kompletten Stilstand seiner Anlage riskieren? Alles keine guten Optionen. Und doch immer wieder Alltag im Leben von Serviceleuten und Instandhaltern.
Digitalisierung könnte auch hier helfen. Denn wenn es möglich wäre, für unvorhersehbare, schwierige Wartungsfälle ein sofort abrufbares Hilfstool zu haben, würden Super-GAUs, bei denen es nur schlechte und ganz schlechte Exit-Optionen gibt, der Vergangenheit angehören. Echtzeit-Assistenzsysteme, die mit Datenbrillen arbeiten, setzen genau an dieser Stelle an. So ermöglicht zum Beispiel Evocall, ein Produkt der Evolaris next level in Kooperation mit Kapsch BusinessCom, dem Techniker vor Ort, sich per Datenbrille oder Smartphone mit Spezialisten zu verbinden, die ohne dafür extra anzureisen, den Problemfall aus der Ferne begutachten können, Unterlagen ausheben können und so in aller Regel eine schnelle Lösung finden.

Freihändiges Arbeiten
„Die Möglichkeit, einen Spezialisten mittels Live-Video hinzuzuziehen, der die Arbeitsprozesse begleitet, schafft eine wesentliche Reduktion der durchschnittlichen Reparaturzeit und Reparaturkosten“, bestätigt Evocall Produktmanager, Markus Streibl, und verweist auch darauf, dass auch die Verfügbarkeit der Anlagen steigt. Sorgen, dass die per Evocall übertragenen Produktionsdaten in falsche Hände geraten könnten, braucht sich übrigens niemand machen. Den gehostet wird Evocall im Kapsch Earthdatasafe, dem sichersten Rechenzentrum Österreichs.
Bei TGW-Logistics ist Evocall daher bereits im Realbetrieb im Einsatz. Neben der Möglichkeit, mit Helfern in der Zentrale zu kommunizieren, hat der Einsatz der Datenbrillen auch den Vorteil, dass die TGW-Techniker bei ihrer Arbeit stets beide Hände frei haben, weil Sie Pläne oder Handbücher bei Bedarf direkt über die Brille sehen können. „Mit dem System steigern wir die Effizienz und Handlungsfähigkeit unserer Servicetechniker vor Ort“, betont Christoph Knogler, Director Global Lifetime Services, TGW Logistics Group.

Fleißige Bienen
Die Versuche, dem Unvorhersehbaren ein Schnäppchen zu schlagen, reichen aber weit über die Pannenbehebung zurück. (hinaus ? ). Diverse Tools mit denen Maschinen und Prozesse in Echtzeit überwacht werden können, erlauben es, sich anbahnende Defekte schon im Voraus zu bemerken. Je mehr Daten ein solches Tool abgreifen und mit anderen Parametern verbinden kann, desto leistungsfähiger ist es. Besonders weit reizt diese Verbindung eine Lösung aus, die T-Systems gemeinsam mit dem Sillicon-Valley Start-up Roambee auf den Markt gebracht hat. Die „Roambees“, auf Deutsch etwa: Bienen, die herumschwärmen, sind Sensoren, die sowohl an transportierten Gütern als auch an Maschinen oder Anlagen angebracht werden können und die Daten in Echtzeit an eine Cloud zur Analyse senden. Abrufbar sind die Daten für Kunden von T-Systems über eine skalierbare Plattform, gehostet wird in hochsicheren Rechenzentren, die streng nach deutschen Datenschutzvorgaben arbeiten.
Der entscheidende Punkt, der die fleißigen Roambees aus dem Silicon-Valley von anderen ähnlichen Systemen unterscheidet, ist deren Leistungsfähigkeit. Während andere Lösungen immer nur einige vorausbestimmte Parameter überwachen können, werden die Roambees mit praktisch allem fertig, etwa in der Logistik, wenn es darum geht, Transporte zu überwachen: „Unsere Plattform ist offen und kann eine Fülle an Sensordaten integrieren, wie Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Erschütterung oder Feuchtigkeit der transportierten Waren. Wenn der Kunden andere Wünsche hat, zum Beispiel den Kohlendioxid-Gehalt dauerhaft messen will, managen wir auch das“, sagt Sanjay Sharma, der CEO von Roambee.
Der noch größere Vorteil ergibt sich allerdings aus der Verbindung der gemessenen Daten mit anderen Datenströmen. Das ermöglicht dann wirklich überraschende Vorhersagen: „Wir können für unsere Kunden unter anderem auch die Diebstahlwahrscheinlichkeit konkreter Transporte oder die Verderblichkeit der transportierten Güter errechnen“, sagt Sharma.

Der letze Schritt
Die minutengenaue Ankunftszeit der Ladung vorherzusagen, was das System natürlich auch kann, ist gemessen daran fast schon eine Lappalie. Führt aber zugleich an das Ende der Wertschöpfungskette, den Moment, wo die Ware an ihrem Bestimmungsort anlangt ist und dann oft in den Einzelhandel geht. In Österreich beginnt an diesem Punkt die Digitalisierung oft zu schwächeln. Gerade 15 Prozent ihres Umsatzes machten österreichische Unternehmen im Vorjahr mit E-Commerce, in Irland waren es 35 Prozent, in der Tschechischen Republik 31.
Den Grund dafür, dass digitales Bezahlen und digitale Auftragserteilung hierzulande noch nicht den Stellenwert haben, den sie haben könnten, sieht Christian Renk Geschäftsführer des Zahlungsanbieters Klarna Austria in der mangelnden Flexibilität vieler Systeme: „Will man einen Kaufabbruch am Checkout trotz vollem Warenkorb verhindern, müssen alle gängigen Zahlungsvarianten angeboten werden“, sagt er. Die aktuelle ECC-Payment Studie des IFH Köln bestätigt seine Einschätzung: Was der Kunde von zukünftigen Bezahlmodellen wünscht, sei Schnelligkeit, internationale Einsetzbarkeit und einfache und bequeme Nutzung, urteilen die Forscher. In der Quintessenz bedeutet das: ein System wie etwa die Klarna-Checkout-Lösung, das sich nicht auf einen Weg zu bezahlen festlegt, sondern für alle Möglichkeiten offen ist: vom Kauf auf Rechnung, über Sofortüberweisung bis zur klassischen Kreditkartenzahlung.
Doch auch auf der Händlerseite ist ein offenes Alleskönner-System der Weg der Zukunft. Noch, sagt Roland Toch, Mananging Director Wirecard CEE, mangle es aber oft an der Integration: „Für die sichere Zahlungsverarbeitung am Point of Sale ist die Firma X zuständig, den Onlineshop verwaltet die Firma Y, die dahinterliegenden Zahlungsmittel werden separat eingebunden und hinsichtlich Kundenbindung wird Firma Z beauftragt.“ Das führe zu einem erheblichen Aufwand an Zeit und Kosten, die mit einem Full-Service-Paket wie sie von Wirecard CEE angeboten wird, verhindert werden könnten.

Anm: Der Artikel ist im Rahmen der Kooperation von economyaustria und Industriemagazin auch im Industriemagazin erschienen.

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Industriemagazin/pd/red, Economy Ausgabe Webartikel, 19.12.2017