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29. März 2024

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Rauf und runter und rauf und runter und.

Rauf und runter und rauf und runter und.© Pexels.com/Tim Mossholder

Nach Wirtschaftsaufschwung im letzten Jahr sorgen aktuelle Krisenherde wieder für massive Unsicherheit. Lieferprobleme, höhere Rohstoffpreise, Inflation und Liquiditätsengpässe als Hauptgründe, so aktuelle Analyse des KSV1870.

(red/czaak) Die verschiedenen Krisenherde der vergangenen Monate erteilen dem Wirtschaftsaufschwung nun abermals einen Dämpfer und sorgen in den Unternehmen für erhöhte Unsicherheit und Liquiditätsängste. Während letzten August noch 65 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage mit Sehr gut oder Gut bewerteten, waren es zuletzt 55 Prozent.

Als Hauptgründe werden generelle Preiserhöhungen, steigende Rohstoffpreise und die Inflation genannt. Wirtschaftspolitische und militärische Konflikte sorgen dann noch zusätzlich für Unruhe. Die Betriebe erwarten aber trotzdem, dass es auch heuer wieder eine positive Umsatzentwicklung geben wird.

80 Prozent der Betriebe befürchten Liquiditätsengpass
In den Finanzbüchern der heimischen Unternehmen hat die Corona-Krise ihre Spuren hinterlassen. Neun Prozent der Betriebe haben ihre liquiden Mittel aufgebraucht. Insgesamt erwartet nur jedes fünfte Unternehmen, langfristig keine wirtschaftlichen Probleme zu bekommen. 80 Prozent der Betriebe können nicht ausschließen, mittel- oder langfristig wirtschaftliche Probleme zu bekommen. Für 13 Prozent sind die Jahre 2022 und 2023 gesichert, für 32 Prozent die nächsten drei bis fünf Jahre.

Insgesamt erwarten gerade einmal 19 Prozent, langfristig keine finanziellen Probleme zu bekommen. Aktuell hat insbesondere im Burgenland eine deutlich höhere Anzahl an Unternehmen (23 Prozent) akute Probleme mit der eigenen Liquidität. Am seltensten ist dies in Vorarlberg (1) und Oberösterreich (2 Prozent) der Fall. Das sind Ergebnisse aus dem aktuellen Austrian Business Check des KSV1870, an dem Angaben zufolge rund 1.300 österreichische Unternehmen teilgenommen haben. Operativ durchgeführt von Marketagent werden hier zweimal pro Jahr Unternehmen ob ihrer wirtschaftlichen Situation befragt.

Holzindustrie, Bauwirtschaft und EDV-Branche zuversichtlich
„Die weltweiten Krisen beschäftigen Österreichs Wirtschaft mehr als ihr lieb ist. Bereits vor dem Krieg hatten die Betriebe mit Preisanstiegen, Lieferkettenproblemen und Fachkräftemangel zu kämpfen, jetzt wird ihre wirtschaftliche Stabilität aufgrund der kriegerischen Handlungen ein weiteres Mal auf eine harte Probe gestellt“, sagt Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG.

„Bis jetzt haben die Unternehmen das ständige Auf und Ab der vergangenen zwei Jahre größtenteils gut gemeistert. Auf Sicht kann der anhaltende ‚Stop-and-Go‘-Modus aber zum echten Spielverderber für die Betriebe werden“, betont Vybiral. Die größte Zuversicht versprühen die holzverarbeitende Industrie (75 Prozent), die Bauwirtschaft (72) und die elektronische Datenverarbeitung (69) – allesamt Branchen, die gut durch die Corona-Krise gekommen sind. Auf Bundesländer-Ebene liegt Vorarlberg auf Platz eins (66), das Schlusslicht bildet Wien mit 45 Prozent, so die KSV1870-Zahlen.

Wenig Entspannung trotz Umsatzplus
Ausgehend von einem eher niedrigen Umsatzniveau im Jahr 2020 hat knapp die Hälfe der Unternehmen im Vorjahr ein Umsatzplus verzeichnet – ein Viertel musste weitere Verluste akzeptieren. Insgesamt scheint sich der jüngste Trend in den kommenden Monaten fortzusetzen: Während in diesem Jahr 43 Prozent steigende Umsätze erwarten, kalkulieren weitere 43 Prozent mit einem maximal gleichbleibenden Ergebnis. 14 Prozent rechnen mit einem Minus.

Trotz dieser insgesamt erfreulichen Umsatzentwicklung geht lediglich ein Drittel der Unternehmen (35 Prozent) davon aus, dass sich die generelle Geschäftslage in naher Zukunft nachhaltig verbessern wird. 49 Prozent erwarten keine besondere Veränderung, weitere 16 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung bis Jahresende. Und das, obwohl 6 von 10 Unternehmen mit der aktuellen Nachfrage zu ihren Produkten und Services zufrieden sind.

Die notwendige Digitalisierung
Beim Thema Digitalisierung zeigt sich, dass Österreichs Wirtschaft in den vergangenen zwei Jahren verstärkt digitalisiert hat. Die Pandemie als Hauptmotiv dafür nennen aber nur 37 Prozent der Betriebe. „Der Grad der Digitalisierung ist in Österreich zuletzt gestiegen. Viele haben das offenbar aus einer intrinsischen Motivation heraus getan, weniger aufgrund einer pandemischen Notwendigkeit. Wenn dem tatsächlich so ist, dann ist das erfreulich und ein gutes Zeichen für den Wirtschaftsstandort“, so Vybiral.

Vor allem in Kärnten und Vorarlberg wurden zahlreiche Akzente gesetzt, gleichzeitig haben Jungunternehmer häufiger digitalisiert als etablierte Betriebe. 43 Prozent der Betriebe bestätigen, dass die Digitalisierung (mit)entscheidend war, um die Corona-Krise aus finanziellen Blickwinkeln zu meistern. 55 Prozent sehen darin nicht den Hauptgrund, für zwei Prozent spielt die Digitalisierung keine Rolle. Für das Jahr 2022 stehen vor allem die Themen „digitale Tools für das daily business“, die Implementierung eines elektronischen Rechnungswesens und die Digitalisierung von Produktions- und Arbeitsprozessen auf der Agenda der Unternehmen.

Zwei Drittel ignorieren reale Cyber-Gefahr
Ein besonders alarmierendes Zeichen ist laut Austrian Business Check auch, dass fast zwei Drittel der befragten Unternehmen bestätigen, sich wenig bis gar nicht mit der IT-Sicherheit ihres Betriebes zu befassen. „In einer Zeit, die auch von einer massiv steigenden Zahl an Cyber-Attacken geprägt ist, ist diese Ignoranz nicht nachvollziehbar“, unterstreicht Vybiral.

Aktuell würden sich nur 38 Prozent der österreichischen Unternehmen damit befassen, wie sie ihren Betrieb IT-Security-fit machen können. 36 Prozent tun dies laut eigener Aussage „ein wenig“, 26 Prozent sehen hier keine Notwendigkeit bzw. keinen Handlungsbedarf. Intensiv beschäftigen sich Betriebe in Tirol (49 Prozent) und in der Branche Chemie und Pharma (51) damit. Besonders intensiv tut das die Branche der elektronischen Datenverarbeitung mit 85 Prozent.

Bildungsdefizite und Personalmangel beheben
Die Themen Bildung und Personalmangel sind laut aktueller KSV1870 Umfrage in den Betrieben angekommen. 27 Prozent der Unternehmen planen, die Mitarbeiterzahl im Jahr 2022 zu erhöhen, weitere 67 Prozent wollen diese zumindest halten. Bei der Frage, was sich die Unternehmer seitens der Politik wünschen, um Österreichs Wirtschaft auf dem Weg zur internationalen Spitze zu unterstützen, stand ganz klar das Thema Bildung im Fokus.

Die zentralen Punkte sind die Modernisierung des Bildungssystems und die Gestaltung einer Ausbildungsoffensive – mehr Ausbildungslätze in den Betrieben, finanzielle Unterstützung von Ausbildungsbetrieben und die Entstigmatisierung des Lehrberufes sind dabei zentrale Forderungen. „Es gibt einen inhaltlichen Turnaround seitens der Unternehmen, wenn es darum geht, den eigenen Betrieb fit für die Zukunft zu machen. Dabei stehen nicht mehr Steuererleichterungen und der Bürokratieabbau an erster Stelle, sondern die Menschen und ihre Bildung“, erklärt Vybiral.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 02.05.2022