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13. Dezember 2024

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Krisensicheres Sparen fürs Enkerl

Krisensicheres Sparen fürs Enkerl© Bilderbox.com

Sie sind die Großeltern der heutigen Investmentklubs. Rüstig und sehr aktiv. Die rund 20.000 Sparvereine Österreichs stellen in der Finanzwelt nur ein Randphänomen dar, vomAussterben sind sie jedoch weit entfernt.

Sie treffen sich jeden Donnerstagabend um zu plaudern, zu essen, ein Glaserl Wein oderBier zu trinken und um zu sparen. Karl, Erika und Hermi gehören zum harten Kern eines35-köpfigen Sparvereines. Werd abei eine Stammtischrunde in einem rustikalen, ländlichenWirtshaus vor Augen hat, liegt völlig daneben. Keine rot-weißkarierten Tischtücher, keine Sparvereinskästen, die gefüttert werden. Stattdessen wird die wöchentliche Einzahlung aufs Vereinskonto von Hardrock-Rhythmen und dem Duft von Thunfisch-Tramezzini begleitet. Dass das Szene- und Veranstaltungslokal „Aera“ in der Gonzagagasse in Wien 1 einen Sparverein beherbergt, hat dieMitarbeiter der economy-Redaktion, die vis-à-vis vom „Aera“ beheimatet ist, belustigt und in ungläubiges Staunen versetzt.Doch jeden Donnerstagabend kann man sich davon überzeugen: Der „Sparverein Aera“ ist keine aussterbende Kuriosität, sondern eine lebendige Institution, die auf ein langes Bestehen zurückblicken kann.

Vom „31er“ ins „Aera“
Als Vereinspräsident fungiert SPÖ-Bezirksrat Karl Grasser, der sich neben Umwelt- und Verkehrsbelangen der Inneren Stadt auch um den Fortbestand des Sparvereines kümmert. Gemeinsam mit Gattin Erika hat Grasser vor 20 Jahren den „31er-Sparverein“ gegründet, benannt nach dem Gasthaus „Zum 31er“ am Schottenring, wo der Verein ursprünglich beheimatet war. „Wir sind damals von Niederösterreich nach Wien gezogen, und da hat mich die Anonymität der Großstadt schon einbiss’l gestört“, beschreibt Frau Grasser ihre Beweggründe, die zur Gründung des Sparklubs geführt haben. „Für uns war’s eine willkommene Gelegenheit, um Freunde und Nachbarn zu treffen und den Kontakt regelmäßig zu pflegen.“Ebenfalls seit Beginn mit von der Partie ist Hermi Kavale, die als Vereinskassierin fungiert.„In unseren Glanzzeiten hatte der Verein 77 Mitglieder – heute sind wir noch 35.“ Damals(1988) gab’s von der Bawag, die das Vereinskonto betreut, 3,75 Prozent Zinsen für das Ersparte.Heute ist der „31er“-Wirt imRuhestand und der Zinssatz von2,5 Prozent im Jänner auf 1,25Prozent (März) geplumpst. EinUmstand, den die buchführende Funktionärin achselzuckend zur Kenntnis nimmt. „Immerhin ist die Verzinsung für jederzeit behebbares Geld bei uns nach wie vor besser als für Einzelpersonen.“ Hermis eigentliches Bedauern gilt dem Mitglieder schwund und der Schließung des „31ers“,ist doch ihrer Meinung nach die derzeitige Location schuld daran, dass nur mehr ein kleiner Teil der Mitglieder regelmäßig zu den Vereinstreffen kommt.„Im ‚31er‘ war die Küche gut, und es war urgemütlich“, betont die Kassierin und wirft einen verächtlichen Blick in Richtung mondän gestylter Bar, wo eine Gruppe junger Menschenlebhaft über Österreichs Bildungsmisere diskutiert. Das Essen sei zwar auch im „Aera“ nicht schlecht, aber das Ambiente ist halt nicht grad das Ihre, gesteht Hermi.

Pleite für Vereinslokal
Dabei ist es ohnehin fraglich, ob die Treffen auch weiterhin im „Aera“ stattfinden können. Denn das Vereinslokal ist pleite, ein Konkursverfahren läuft bereits. Wenn sich kein Käuferfür das Wiener Innenstadtlokal findet oder der neue Eigentümer kein Vereinsfreund ist, müssen sich die geselligen Sparefrohs erneut auf Herbergssuche begeben. Aber „wir geben nicht auf, wir sind ja flexibel“, gibt sich die Präsidentengattin optimistisch. Um auch wirklich flexibel zu bleiben, hat der Verein im Oktober des Vorjahres, also zu Beginn der weltweiten Bankenkrise, ein Lockangebot der Bawag abgelehnt. Die Bankversuchte dem Verein höhere Zinsen schmackhaft zu machen, unter der Bedingung, ein Jahrlang keine Auszahlungen durchzuführen. „Aber das wollten wir nicht. Wir schätzen doch gerade diese unkomplizierte Sparform sehr, bei der man ungebunden ist. Außerdem geht’s uns garnicht vorrangig um die Zinsen, sondern um den Spaß, den wir bei den Treffen haben“, betonen die Vereinsfunktionäre. Von der benachbarten Mindestpensionistin, die monatlich100 Euro fürs Enkerl einzahlt, bis zur jüngeren Tochter desArbeitskollegen erscheinen die meisten Mitglieder mehr oderweniger regelmäßig zu den Vereinstreffen. Der Rest überweist via Dauerauftrag. Eingezahlt werden im Schnitt zwischen 20und 100 Euro pro Monat. Der jährliche Auszahlungstag, der bei Mitgliedern und Bank angekündigt werden muss, findet Ende November statt, also rechtzeitig zum Start der Weihnachtseinkäufe. Das Gros der Mitglieder spart, um das Weihnachtsgeld aufzubessern, oder für eine Reise.

Sparen im Betrieb
Einen erheblich höheren Anteil am österreichischen Sparguthaben erarbeiten aber jeneSparvereine, die in Betrieben angesiedelt sind. Eine Tradition, deren Wurzeln in der Arbeitebewegung zu finden sind und die von der Bawag gehegt und gepflegt wird. 4300 Sparvereine bestehend aus 300.000 Einzelsparern aus Betrieben, Ämtern und Pensionistenklubs zahlenregelmäßig auf ein gemeinsames Konto ein. „Das Sparvolumen war im Vorjahr immerhin1,15 Milliarden Euro schwer. Die Tendenz ist steigend“, verrät Christian Bammer, Vorstand des Verbands Österreichischer Sparvereine (VÖS), der 1966 alsDachverband aller Sparvereine der Bawag PSK gegründet wurde. Im Gegensatz zu den kleinen Gasthaussparvereinen erhalten Betriebssparvereine von der Bawag auch einen höheren Zinssatz für ihr Erspartes – der zeit sind es im Schnitt 2,5 Prozent.Diese betriebliche Sparform, die meist von Betriebsräten insLeben gerufen wird, erfreut sich laut Bammer wieder großer Beliebtheit. Diesen Trendbestätigt auch Wolfgang Svab, der Betriebsratsvorsitzende von Unilever in Wien. „Viele Kollegen, die sich ihre Bausparverträge oder Lebensversicherungen auszahlen lassen, bringen ihr Geld jetzt zu uns in den Betriebssparverein, weil es dort sicher und angesichts kontinuierlich sinkender Zinsen gar nicht so schlecht zwischen geparktist. Da kommen seit Beginndes Jahres immer wiederBeträge rein, die sich durch aussehen lassen können.“ Bammer erwähnt größere Betriebe, deren Sparvereinskonten einSparguthaben von einer Million und mehr aufweisen. Und werweiß, vielleicht gelingt einem davon ein ähnlicher Coup wie dem im Jahr 1923 gegründetenSpar- und Kreditverein derFreunde und Angestellten der Julius Meinl AG, aus dem Jahre später die noble Privatbank des Julius-Meinl-Clans hervorging.

Ausgewählter Artikel aus dem Jahr 2009

Astrid Kasparek, Economy Ausgabe 72-04-2009, 16.09.2017