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16. Juli 2025

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Künstliche Intelligenz unterstützt bei Darmkrebsvorsorge

Künstliche Intelligenz unterstützt bei Darmkrebsvorsorge© Pexels.com/kindelmedia

KI bringt Expertise von Jungärzten auf Niveau von erfahrenen Mediziner:innen, so aktuelle Studie von Uni-Klinik St. Pölten und Karl Landsteiner Uni Krems.

(red/czaak) Darmkrebs gehört zu den häufigsten Krebsarten in Europa, er lässt sich aber durch rechtzeitige Vorsorgeuntersuchungen effektiv verhindern. Die sogenannte Koloskopie erlaubt es, potenziell gefährliche Darmpolypen frühzeitig zu erkennen und zu entfernen. Die Einschätzung dieser Polypen, ob harmlos oder bösartig, erfordert allerdings große Erfahrung. Diese Art der Beurteilung wird auch als „optische Diagnose“ bezeichnet.

Sichere und effiziente und kostengünstigere Darmkrebsvorsorge
Bislang galt, dass nur langjährig erfahrene Internisten diese Einschätzung mit der nötigen Sicherheit treffen können und genau hier setzt nun eine neue Studie der Klinischen Abteilung für Innere Medizin 2 des Universitätsklinikums St. Pölten an, zudem ein Lehr- und Forschungsstandort der Karl Landsteiner Privatuni Krems (KL Krems). Untersucht wurde die Qualität der sogenannten „optischen Diagnose“ durch Endoskopie-Trainees, wenn diese von einem bestimmten KI-System (Anm. das sogenannte GI Genius®) unterstützt werden.

Die Ergebnisse zeigen: Die diagnostische Treffsicherheit des medizinischen Nachwuchses kann auf dem Niveau langjährig erfahrener Kollegen liegen. Junge Ärzte können bei der Darmspiegelung also ebenso zuverlässig harmlose von gefährlichen Darmpolypen unterscheiden wie erfahrene Spezialisten – vorausgesetzt, sie nutzen Künstliche Intelligenz (KI). „Die Studienergebnisse betonen nun das Potenzial, die Darmkrebsvorsorge sicherer, effizienter und kostengünstiger zu machen und dabei auch die medizinische Ausbildung zu verbessern“, so die Karl Landsteiner Uni.



Kollege Künstliche Intelligenz teilweise besser als Arztkollege Mensch
„Das Ergebnis ist eine seltene Win-Win-Situation – für die Ausbildung und für die Betroffenen“, betont Andreas Maieron, Facharzt für Gastroenterologie und Hepatologie und Studienleiter. Das verwendete System „GI Genius®“ analysiert während der Koloskopie in Echtzeit die aufgenommenen Bilder und unterstützt mit Hinweisen zur Einschätzung der Polypenart. In der Studie wurden 225 Personen von Nachwuchsärzten untersucht, die dabei vom KI-System unterstützt wurden.

Ihre Einschätzungen wurden danach mit den Ergebnissen der histologischen Untersuchung der entfernten Polypen sowie mit den Beurteilungen erfahrener Fachkollegen ohne KI-Unterstützung verglichen. Ergebnis: Bei kleinen Polypen im Enddarm (≤ 5 mm) lagen die Nachwuchsärzte in über 90 Prozent der Fälle richtig, wenn sie einen Polypen als harmlos einstuften – und waren damit genauso treffsicher wie erfahrene Kollegen. Auch das KI-System allein erreichte mit über 93 Prozent ein exzellentes Ergebnis.

Studie aus Niederösterreich hat auch große internationale Bedeutung
Das bedeutet, KI-gestützte Koloskopien können auch bei weniger erfahrenen Ärzten zu einer sicheren und qualitativ hochwertigen Vorsorge führen. Harmlos eingeschätzte Polypen müssen unter bestimmten Voraussetzungen nicht entfernt werden. Das spart Risiken, Zeit und Kosten. Damit wird die Vorsorge nicht nur effizienter, sondern möglicherweise auch zugänglicher. „Für Patienten heißt das: mehr Sicherheit, weniger unnötige Eingriffe – und langfristig ein noch wirksamerer Schutz vor Darmkrebs“, so die KL Krems.

Die Studie wurde von der KL Krems gemeinsam mit dem Universitätsklinikum St. Pölten realisiert und vom Land Niederösterreich unterstützt. „Die Veröffentlichung im renommierten American Journal of Gastroenterology unterstreicht die internationale Bedeutung dieser Forschungsaktivitäten“, unterstreichen die Medizinexperten aus Krems und St. Pölten.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 27.06.2025